Gut sein wenn’s drauf ankommt - Was Big Wave Surfer und Entscheider verbindet

von Volker Rau | Nov. 2016

Entschlossenheit Fokussierung Mentale Stärke Selbstführung Startegieumsetzung Fühung

Wenn eine immense Herausforderung ansteht, ein hohes Leistungsniveau gebraucht wird, ein großer Wurf gelingen oder man auf den Punkt da sein muss – dann gelten ähnliche Regeln für Big Wave Surfer wie auch für Unternehmenslenker.

Steiles Eintreten in die Welle, unebene Wasserflächen, Getöse und heftige Dynamik um einen herum, schwere „Wipeouts“  (vom Board fallen und von der Welle „gewaschen werden“) sowie unvermeidliche Rettungsaktionen … für Big Wave-Surfer kann es bei der Suche nach Leistungssteigerung schmerzhaft und gefährlich sein wie in dem Video vor Portugals Küste 2015/2016 unschwer festzustellen ist.

Das kennen - in anderer Form - auch Unternehmenslenker aus einschneidenden Changeprozessen wie z.B. Umstrukturierungen, Integration neuer Unternehmensteile oder notwendiger Veränderung der Unternehmenskultur.

Big Wave Surfer haben gelernt, sich für die großen Gelegenheiten sehr gut vorzubereiten. Ihre tägliche Arbeit erfordert eine perfekte Balance zwischen Einbeziehen der Rahmenbedingungen, körperlicher Gesundheit und mentaler Vorbereitung.

Doch hier besteht noch Nachholbedarf bei Unternehmenslenkern. Die Rahmenbedingungen werden zwar intensiv analysiert in Form von Zahlen, Daten, Fakten, aber die mentale Vorbereitung, die Berücksichtigung der eigenen körperlichen Fitness sowie das Einholen von Unterstützung werden häufig genug vernachlässigt.

Es ist ein Umdenken erforderlich. Zu viel steht auf dem Spiel. Zu viele Personen sind von den Entscheidungen der Unternehmenslenker betroffen. Die Welt außerhalb sowie innerhalb der Unternehmen obliegt vielen Einflüssen, die sich immer dynamischer entwickeln. Wer hier nur nach „alter Schule“ führt und sein Führungsrepertoire nicht weiterentwickelt, der kann schnell mal in einer Sackgasse landen.

Dabei ist vor der Arbeit und dem Erfahrungswissen vieler Geschäftsführer und Vertreter des oberen Managements in Puncto Strategieumsetzung, Führung, Selbstführung oder mentaler Stärke oft nur der Hut zu ziehen. Denn Veränderungsprozesse brauchen eine zielgerichtete, fokussierte Haltung, ein „Sich Zeigen und Offenbaren“ („Seht her, dafür stehe ich, und da will ich mit Euch hin – auch, wenn ich selbst nicht alle Schritte auf dem Weg genau kenne!“), den Mut zur Entscheidungstreue, Klarheit über den grundsätzlichen Weg sowie auf der gesamten Strecke sehr viel Kraft und Energie. Und dabei ist auch noch darauf achten, dass man es nicht übertreibt und irgendwann auf dem Zahnfleisch geht oder im Burnout landet. Also alles nicht so leicht …

Daher liste ich im Folgenden die 10 wichtigsten Regeln der Big Wave Surfer auf, die – nur in einem anderen Kontext, nämlich in dem der Wirtschaft - auch für Unternehmenslenker gelten. Dabei spricht die Metapher für sich:

1. Studiere vor dem Surfen die Grundbeschaffenheit: Strömungen, Meeresboden und Wellenberge. Wissen ist Macht. Bevor Du rauspaddelst, nimm Dir Zeit und sammele so viele Informationen wie möglich über die große Welle vor Ort. Dies wird Dir helfen, während der entscheidenden Aktionen Ungewissheit zu reduzieren - und damit Sorgen und Ängste.

2. Bereite dich auf das Momentum vor: Lerne „Swells“ (Dünung) zu verfolgen und Wetterkarten zu lesen. Wähle die Stelle, den Tag und die richtige Zeit aus, um gegen die Wellen-Titanen zu kämpfen.

3. Kontrolliere Deine Panik, aber lasse der Angst ihre Arbeit tun. Panikattacken sind gekennzeichnet durch die Angst vor der Katastrophe oder davor die Kontrolle zu verlieren (auch wenn es keine wirkliche Gefahr gibt). Das willst Du nicht. Auf der anderen Seite ist die Angst ein grundlegender Überlebensmechanismus. Die Angst ist gut und sollte beim Big Wave Management berücksichtigt werden.

4. Praktiziere Entspannungstechniken und Konzentrationsübungen wie beispielsweise Yoga und Qi Gong. Halte Deinen Körper fit. Verbessere Deine Essgewohnheitenund erhöhe Deine Lungenkapazität. Und entwickele trotz der Anspannung eine gelassene Haltung für das Abreiten dieser Riesen-Wellen.

5. Geh niemals alleine zum Big Wave Surfen, spiele nicht den Helden. Wenn die Dinge schief gehen, ist keiner mit einem Jet-Ski da, der Dein Leben retten kann.

6. Nimm niemals die erste Welle von einem großen Set (Wellen kommen immer in Intervallen - sogenannten „Sets“). Es ist schwer, einer gut aussehenden Welle zu widerstehen, wenn Du schon lange wartest und Dein Adrenalin Deinen ganzen Körper vollpumpen will. Das Problem ist, dass Du das gesamte Wellen-Set auf den Kopf bekommst, wenn Du vom Board fällst. An dieser Stelle will ich mich doch zu Wort melden und auf einen Unterschied hinweisen: Wenn für einen Unternehmenslenker das Momentum für eine Entscheidung da ist, dann gilt es nicht, erst einmal abzuwarten, sondern beherzt und entschlossen zu handeln.

7. Mache einen Wipeout (vom Board fallen und von der Welle „gewaschen werden“) „richtig“ und professionell: Plane mögliche Schwierigkeiten und Planabweichungen mit ein und bereite dich darauf vor. Ziehe nicht erst ganz am Ende die „Notbremse“, sondern erkenne rechtzeitig notwendige Korrekturen. Springe also immer weit weg vom Board, schütze deinen Kopf, bleibe cool und öffne unter Wasser die Augen.

8. Wenn Du einem Wipeout erleidest, kämpfe nicht unnötig gegen nicht änderbare Naturgewalten und Rahmenbedingungen an, sondern lasse das Weißwasser die Bewegungen Deines Körpers steuern. Ansonsten verlierst Du zu viel Energie und Sauerstoff.

9. Wähle die cleverste Methode, um nach dem Wipeout aus der „Impact Zone“ (da, wo die Wellen brechen) herauszukommen. Kenne mögliche Exit-Strategien und sei dir im Klaren über die Beschaffenheit des Meeresbodens. Beobachte das Verhalten der Wellen hinter Dir.

10. Trage immer einen Auftriebsweste. Sie kann Dein Leben retten und Dich während der lebensbedrohlichen Saugwirkungen/“Waschgänge“ des niederstürzenden Weißwassers an die Oberfläche bringen.

Viel Erfolg beim Big Wave Surfen - egal in welchem Kontext!

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