Und Hannibal fragt sich „Wie soll ich denen DAS denn verklickern!?“

von Volker Rau | Nov. 2016

Strategieumsetzung Führung Selbstführung Mentale Stärke Handlungsüberzeugung Üben

Zur Abwechslung mal eine Geschichte …

Da steht er nun, der gute Hannibal. Vor ihm die Alpen und davor noch, direkt vor seiner Nase, seine 50.000 Soldaten, 9.000 Reiter und 37 Kriegselefanten. 218 vor Christus ist es, und unser großer Feldherr plant einen strategischen Überraschungsschlag gegen Rom.

Mit seinen Offizieren hatte er die Lage im Vorfeld lange analysiert, diskutiert, an sich und seinem Gefolge gezweifelt, Lösungen gefunden und wieder verworfen. Doch er letztendlich entschied er sich, den Weg über die Alpen zu gehen – trotz aller Kraftanstrengungen, Entbehrungen, Unwägbarkeiten und Konfliktpotentiale.

Denn was würde passieren, wenn nichts passierte? Die Antwort lag klar auf der Hand. Wenn er nicht attackieren, etwas verändern würde, hätte er einen entscheidenden Nachteil gegenüber Rom, seinem direkten Wettbewerber um Macht, Einfluss und Reichtum: Er wäre zu langsam, und der Markt würde ihm dann die Spielregeln diktieren.

Überprüfe also: Vertraust DU Dir? Willst Du das WIRKLICH? Wenn ja … GO FOR IT! Aber dann auch mit WUMMS.

Schlimm genug, dass die verfluchten Römer bereits eines ihrer Betriebsgeheimnisse - den Bauplan ihrer berüchtigten Kriegsgaleeren - an sich gebracht und innerhalb von zwei Monaten 120 Schiffe nachgebaut hatten. Ihre Vorherrschaft auf See konnten er und seine Karthager sich bereits in die Haare schmieren. „Soso, die ‚Ewige Stadt‘, das werden wir ja sehen, PAH!“ schnaubte er innerlich.

Doch was war dieser zähe Entscheidungsprozess im Vergleich zu dem, was ihm jetzt bevorstand? Ein leichter Schauer lief ihm über den Rücken. Anspannung und auch, ja, das musste er sich eingestehen, Unsicherheit befielen ihn. Denn nun musste er die Entscheidung seinen Leuten verkünden und die Hosen runter lassen. Aber wie würden sie reagieren? Würden sie seine Strategie in der Luft zerreißen? Sie murrten bereits seit Wochen, was denn nun wäre und warum man hier so lange lagerte. Und sie fragten sich, ob er es wohl wahr machen und wirklich über die Alpen ziehen würde, dieser Verrückte? So etwas hatte es noch nie gegeben. Kritiker und Bedenkenträger gab es genug. Aber was, wenn es doch möglich wäre? Nur wie?

59.000 Augenpaare waren auf ihn gerichtet. Er schluckte und dachte „Ich könnte es Ihnen auch einfach befehlen und ‚Aus die Maus‘, die Macht habe ich ja. Doch ich muss sie überzeugen, zumindest halbwegs. Sonst geht das ganze Projekt den Bach runter. Sie würden immer wieder zweifeln und dabei unnötig Energie verschwenden. Bei eisigem Wetter, sich neigenden Nahrungsvorräten, Unfällen und Angriffe durch Alpenstämme würden sie die Moral verlieren und sich - oder gar ihm - am Ende an die die Gurgel gehen.

Alle sagten das geht nicht. Und dann kam einer, der wusste das nicht, und hat es einfach gemacht.

Er atmete durch und dachte an die Worte seines Vertrauten in solchen Dingen, der ihm von einem befreundeten Stammes-Feldherren empfohlen worden war. Dieser hatte ihm die wichtigsten Punkte auf ein Stück Pergament geschrieben. Dieses trug  er immer unter seinem Schienbeinschutz, um schnell mal eben nachgucken zu können, wenn etwas auf ihn zurollte. Darauf stand:

  1. „Zu allererst - wenn Du Hindernisse oder brenzlige Situationen (wie die Ansprache vor Deiner Mannschaft) überwinden willst, darfst Du deine Gedanken im Vorfeld nicht auf die Hindernisse ausrichten, sondern auf die Schritte und Wege, wie Du sie überwinden kannst. Nutze positive Gedanken. Reguliere Deine Gedanken so, dass sie Dich hinziehen zu inneren Bildern von Zuversicht und Überzeugung von Dir selbst und Deinem eigenen Können. Sie stabilisieren ein wirksames inneres Programm in Dir, um Deine Anforderung als Herausforderung annehmen zu können.“
  2. „Überprüfe, ob Deine Bewertungen/Interpretationen realistisch sind hinsichtlich der Schwierigkeit der gestellten Anforderung, Deiner und fremder Ansprüche sowie der Konsequenzen dessen, was Du tust.“
  3. „Schließe Wissenslücken, sonst füllst Du sie mit negativen Interpretationen. Dann entsteht zu viel „Kopfkino“ bei Dir und als Folge davon eine zittrige Stimme und ein unsicheres Auftreten. Das riechen Deine Leute zehn Meilen gegen den Wind, dass Du selbst nicht überzeugt bist und Schiss in der Bux hast. Und wer will schon einem unsicheren Anführer bei DIESEM Projekt folgen?“
  4. „Nimm Dich selbst und die Sorgen und Hinweise Deiner Leute ernst. Sie brauchen etwas Handfestes, kein Wischiwaschi, um sich positionieren zu können – und Du brauchst Das auch für Dich auch, um voranzugehen. Deine Leute müssen sich selbst zum Mitgehen entscheiden und auch, ob sie Dir vertrauen wollen oder eben nicht. Und das beste Argument bietest Du ihnen, wenn Du Dir selbst vertraust. Überprüfe also: Vertraust DU Dir? Willst Du das WIRKLICH? Wenn ja … GO FOR IT! Und dann auch mit WUMMS. Dabei musst Du nicht fehlerfrei sein, Du musst nur nicht so tun, als ob Du alles wüsstest. Kein Mensch weiß alles, Du würdest Dich nur verdächtig machen, ein Aufschneider oder Drückeberger zu sein, der seine Leute vorschickt und sich hinter ihnen versteckt. Sie wollen einen authentischen, konkreten Hannibal, der an seine Strategie glaubt, Berechenbarkeit und ein vernünftiges Maß an Entscheidungstreue.“
  5. „Definiere Deine Kernbotschaften und unschlagbaren Argumente. Sorge dafür, dass auch Deine Generäle diese, und nur diese Argumente nutzen, sonst entsteht Verwirrung in der Mannschaft. Bringe es kurz und knackig rüber, und spiele nicht den Schlaumeier, in dem Du lateinische Begriffe benutzt.”
  6. „Übe Deine Kernbotschaft und auch etwaige „Ach-Du-Schreck-Situationen“ ein. So kannst Du in der Stresssituation Deine inneren Landkarten/Routinen abspulen und hast damit genügend Kapazitäten frei, um auf Überraschendes eingehen zu können.“
  7. „Und last but not least (ist so ein Spruch von diesen heidnischen Britonen) … Gib Deinen Leuten nach Deiner Ansprache genügend Raum für Verständnisfragen. Und halte Dich mal zurück, hier geht’s ums Zuhören.

„So, für Dich noch einmal eine Feldherren-Summary: Um bei der entscheidenden Ansprache mentale Stärke und Führungsqualität zu beweisen, brauchst Du ein klares Ziel, Motivation, ein positives und lösungsorientiertes Denken, Konzentration auf die Kernbotschaften, Übung, Kompetenzüberzeugung und ein offenes Ohr für Deine Mannschaft!

Lass‘ Dich nicht verunsichern. Es gibt da so einen Spruch vom einen weisen alten Mann, der da lautet: ‘Alle sagten das geht nicht. Und dann kam einer, der wusste das nicht, und hat es einfach gemacht’. In diesem Sinne: TOI TOI TOI.“

Hannibal atmete tief ein, drückte die Schultern durch und richtete entschlossen das Wort an seine Leute …

 

EPILOG

Sein Heer folgte ihm nach dieser Ansprache über die Alpen. Hannibal schaffte den Überraschungscoup gegen seinen ärgsten Mittbewerber trotz enger Passwege, Schluchten, frühem Schneefall, Angriffe von in den Alpen ansässiger Stämme sowie genügend vieler Zweifler zu Beginn der Strategieumsetzung.

 

(Bildquelle: Bild links - 123rf.com/outsiderzone/64507892; Bild rects - YouTube)

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