9 Tipps, um schneller zu entscheiden und Ihr Unternehmen auf Speed zu bringen

von Volker Rau | Jan. 2017

Strategieumsetzung Selbstführung Entscheiden Entschiedenheit Führung

„Warum tun wir uns so schwer zu entscheiden?“ fragt sich Tom, Mitglied der Geschäftsleitung. „Zumal ich mit meinem Kollegen und den Vertretern des oberen Managements ja an der Spitze des Unternehmens stehe. Wir als Entscheider haben doch den Überblick - wer, wenn nicht wir, könnten denn sonst die wichtigsten Pflöcke für unser Unternehmen, für unsere Strategieumsetzung einschlagen?

Wir müssen die Strategie 2017 jetzt - und nicht erst im März – an die Belegschaft kommunizieren und ausrollen. Die Leitplanken stehen ja. Aber wie sieht es denn nun mit der Verteilung der Ressourcen Budget, Manpower oder Zeit aus? Ich kann mir jetzt schon vorstellen, wer alles danach fragen wird … Wenn wir hier Entscheidungen treffen, haben diese Auswirkungen auf das ganze Jahr. Und wir sollten auch nicht zu viele strategische Ziele gleichzeitig vorgeben, konkurrierende Ziele benennen oder auf halbem Wege zurückruden – sonst wird hieraus ein zweiter Pannen-Airport BERLIN. Am liebsten würde ich abwarten bis wir noch mehr Informationen haben …“.

If everything seems under control, you’re not fast enough (Mario Andretti).

Je höher Sie in der Hierarchie aufsteigen, desto mehr haben Sie es mit Risikoentscheidungen zu tun, desto mehr Personen sind davon betroffen. Der Wunsch nach mehr Informationen zur Risikominimierung ist legitim, macht aber Ihr Unternehmen langsamer und bringt es am Ende sogar zum Stillstand. Das ist wie zähfließender Verkehr auf der Autobahn mit anschließender Vollsperrung. Sehr unangenehm. Damit soll kein Plädoyer auf unüberlegte Schnellschüsse und Aktionismus gehalten werden, nur damit der Schein des unternehmerisch sinnvollen „Machens“ gewahrt wird.

Ihr müsst mir helfen (Angela Merkel).

Aus evolutionärer Sicht gibt es bei Stress (also bspw. Entscheidungen treffen zu müssen) drei Verhaltensweisen: Angriff, Flucht und – ja – sich Totstellen. So weit, so sinnvoll. Wenn Sie aber als Führungskraft das Maß überziehen, also länger nicht entscheiden, dann fühlt sich das für Ihre Mitarbeiter häufig genug an wie ein Sich Totstellen. Es passiert nichts.

A bad decision is better than no decision (Richard Branson).

Und was machen dann die Mitarbeiter? Sie entscheiden nach einiger Zeit selbst, was jetzt das Beste (für sie selbst, nicht unbedingt für das Unternehmen) ist. Das kann richtig sein oder auch nicht. Auf jeden Fall ist es unabgestimmt, evtl. chaotisch. Frust und Enttäuschung sind sehr wahrscheinlich. Denn das kann sich jeder vorstellen: Wenn ich als Mitarbeiter erst einmal eine Zeitlang nach bestem Wissen und Gewissen ein Projekt oder eine Teilaufgabe angefangen habe, und dann alles oder auch nur die Hälfte umsonst war, überlege ich mir beim nächsten Mal sehr genau, ob ich wieder proaktiv die Aufgaben nehme. Wenn ich von meinem Chef auch noch Kritik zu den Ergebnissen bekomme erst Recht. Und dabei wurde hier noch nicht einmal auf die schlauen, äh, faulen Mitarbeiter hingewiesen, die nicht loslegen, sondern erst einmal abwarten und Tee trinken.

WAS NUN? Hier sind 9 Tipps, um schneller zu entscheiden und Ihr Unternehmen auf Speed zu bringen.
  1. Richten Sie den Blick in die Zukunft, und legen Sie Zwischensprints ein: Das Hauptproblem von Entscheidungen, die auf langfristige Ziele wie bspw. eine Jahresstrategie einzahlen, ist, dass wir jetzt, hier und heute eine Entscheidung treffen müssen - ihr Ergebnis oder Erfolg aber sehen und spüren wir erst in der Zukunft. Die Falle: Im Zweifel treffen wir manch kurzsichtige Wahl und entscheiden uns für eine schnelle Lösung. Immerhin verspricht die eine Art Instant-Belohnung durch rascheren Erfolg. Und - Sie sollten Zwischensprints planen und danach Boxenstopps einlegen. Dadurch können Sie die Strategie nachjustieren – besonders da, wo Planung auf Realität trifft.
  2. Halten Sie die Organisation in Bewegung: Nichts ist schlimmer als zäher Kommunikationsverkehr oder eine Informations-Vollsperrung. Es ist unproduktiv und frustrierend. Der Mensch will etwas leisten. Selbst Kinder bauen am Strand eine Sandburg, obwohl sie wissen, dass die Flut sie zerstören wird (wenn nicht, wird aber auf jeden Fall die Burg selbst am Ende durch Draufspringen zerstört – um sie eben neu wieder aufbauen zu können). Treffen Sie lieber zehn Entscheidungen, von denen drei falsch sein könnten, als nur sieben nach langem Abwägungsprozess. Ob die drei fraglichen Entscheidungen falsch sind, werden Sie erst beim Laufen feststellen. Und wenn, so können Sie und Ihr Unternehmen immer noch daran lernen. Richard Branson von Virgin Group: “A bad decision is better than no decision.”
  3. Lassen Sie sich nicht einengen in ein „Entweder-Oder“- es gibt mehr Möglichkeiten: Es gibt noch ein „Sowohl als auch“, es gibt die Möglichkeit gar nichts von A und B zu machen oder sich für etwas drittes, ganz Neues zu entscheiden (s. auch “Tetralemma” von Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd).
  4. Entscheiden Sie sich FÜR, nicht GEGEN etwas: Machen Sie sich den Gewinn Ihrer Entscheidung deutlich, nicht den Verlust. Man kann nun mal nicht alles haben. Klagen Sie nicht, trauern Sie meinetwegen für eine angemessene Zeit, seien Sie dann aber tapfer und gucken nach vorn (Sie sind ja schon groß).
  5. Spielen Sie nicht den Superhelden, lassen Sie sich helfen: Fragen Sie Ihre Kollegen, Mitarbeiter oder Schnittstellenabteilungen, was die Erfolgsfaktoren und Stolpersteine auf dem Weg sein könnten. Wenn Ihre Entscheidung diese Personen betrifft, haben Sie bei Schwierigkeiten auch schon mal eine ganz andere Unterstützung, als wenn Sie die Entscheidung alleine treffen, die diese dann ggf. ausbaden müssen. Wenn Sie noch zögern, weil es nach Schwäche aussehen könnte, lassen Sie sich durch Angela Merkel ermutigen. Selbst sie – und sie steht in der Politik ja nun wirklich weit oben - sagte beim CDU-Parteitag im Dezember 2016 „Ihr müsst mir helfen.“ (s. auch LIEBRECHT RAU Manager Studie 2016, S. 4).
  6. Seien Sie kein Perfektionist, sondern Gestalter: Die Welt ist mittlerweile so komplex und unübersichtlich geworden, dass Sie sowieso nicht alles am Reisbrett planen können. Die Leiplanken ja, aber den Rest – je nach Projekt – eben nicht. Halten Sie es wie der ehemalige Formel 1 Rennfahrer Mario Andretti „If everything seems under control, you’re not fast enough.”
  7. Ziehen Sie Kopf und Bauch gleichermaßen in die Entscheidung mit ein: Setzen Sie einerseits Ihren Verstand ein und analysieren Sie die Situation, um eine gute Entscheidungsgrundlage zu haben. Lassen Sie dann die Informationen „sacken“. Schlafen Sie eine Nacht darüber und lassen Sie dabei Ihr Unterbewusstsein arbeiten. Dem ersten Impuls nach dem Aufwachen schenken Sie besondere Aufmerksamkeit.
  8. Nutzen Sie auch ad hoc Ihre Intuition: Ihr Bauchgefühl ist Ihr gesammeltes Erfahrungswissen auf den Punkt gebracht, ohne dass Sie in diesem Moment benennen können, woher es stammt. Dadurch ist es aber kein Hokuspokus, sondern sehr viel wert.
  9. Wenn alles nicht hilft - Wir Menschen beschummeln uns auch gerne: Wir reden uns nachträglich Entscheidungen schön. Nach dem Motto: „Gut, dass wir nicht in den Urlaub geflogen sind, sonst hätten wir ja jetzt nicht die Sonderaktion für die Couchgarnitur gesehen.“ So, mit dem Wissen, kann man doch ganz anders entscheiden … (Hall und Johansson gaben dem Phänomen die Bezeichnung „Choice Blindness“).

Und wenn Sie zu einer Entscheidung gekommen sind, vielleicht auch nach langem Ringen, dann empfehle ich Ihnen: Treten Sie mit Entschiedenheit auf. Kein Herumeiern, kein Weichspülen, nicht andere vorschicken (obwohl es doch so menschlich ist). Gehen Sie voran und konzentrieren Sie Ihre Kraft auf das Gelingen Ihres Ziels.

Viel Erfolg!

(Bildquelle: 123rf.com / olegdoroshin / 11484296)

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