Kommunikationsdesignerin interviewt KEYPLAY

von Volker Rau | May. 2017

Change Management Führung Design Marketing

Das Interview (als Blog-Artikel auf den Seiten von AL Annika Lyndgrun) :

1. Welche Designmedien können einen Change-Prozess begleiten?

Neben den klassischen Mitteln wie Flipcharts, Pinnwände und Moderationskarten nutzen wir zum Beispiel als Warm-Up bei Führungsseminaren die Zeitungscollage: Mit Schere, Klebestift und alten Zeitungen stellen die Führungskräfte Situationen nach, die für sie schwierig waren. So bekommen sie noch einen andren Zugang zu Themen, die auf der „Tonspur“ für sie gerade nicht so klar zu benennen sind.

In der Analyse und Beratung arbeiten wir oft mit Ablaufdiagrammen, die zum Beispiel den Change-Prozess abbilden. Ein Problem dabei ist, dass diese sehr selektiv gelesen werden können, wenn jemand Angst um seinen Job hat. Auch die Kommunikationsprofis im Unternehmen selber betreiben viel Aufwand, um einen Change-Prozess visuell an die Mitarbeiter heranzutragen: Broschüren, Newsletter, Poster, aufwendige Infografiken … Und trotzdem: Wenn jemand Angst um seinen Job hat, wird er die Informationen hier nur selektiv wahrnehmen und nach Indizien suchen, die ihn in seiner Angst bestätigen - bis hin zum Verleugnen, dass überhaupt darüber gesprochen wurde. Dann nimmt das negative Kopfkino seinen Lauf. (Vermeintliche) Wissenslücken werden reflexhaft mit negativen Interpretationen gefüllt.

Wie greifen Sie in dieses Kopfkino ein?

Es braucht auf jeden Fall die ganzen Designmedien, die die Mitarbeiter über einen Change-Prozess informieren. Die sind aber nur erfolgreich, wenn die Führungskräfte zusätzlich persönliche Gesprächen mit ihren Mitarbeitern führen. Sorgen und Informationslücken werden so schnell behandelt und das negative Kopfkino zumindest eingedämmt. Wenn der Newsletter super ist, aber die Führungskraft schweigt und sich gefühlt „totstellt“, löst das eher noch mehr Argwohn bei den Mitarbeitern aus. Das kann sogar so weit gehen, dass die Mitarbeiter sich gegenseitig negativ verstärken und so irgendwann ein Schreckensbild von der aktuellen Situation entsteht, das überhaupt nichts mehr mit der Realität zu tun hat.

Wie wird Ihrer Meinung nach ein Change-Prozess mit Design am besten unterstützt?

Bei einem meiner früheren Arbeitgeber wurde irgendwann der Claim geändert. Wenn die Kommunikation nach außen geändert wird, bedeutet das natürlich auch, dass das Unternehmen sich selber ändert. Um die Akzeptanz bei den Mitarbeitern zu erhöhen, gab es einen richtig guten, emotionalen Image-Film. Als der zu Ende war, sind wir raus aus den Vorführraum gelaufen und waren zuversichtlich und richtig stolz auf unser Unternehmen.

Eine andere gute Idee war dieser Pappwürfel. Auf dem waren die neuen Unternehmenswerte notiert. Der Würfel sollte auf dem Schreibtisch gestellt und immer mal wieder in die Hand genommen werden, damit sich die neuen Werte besser einprägen. Das ist ein schönes Werkzeug, das aber nur glaubwürdig wirkt, wenn der Mitarbeiter genug Vertrauen ins Unternehmen hat, dass es selbst die Werte lebt. Sonst kann so etwas auch schnell im Papierkorb landen.

Mit Storytelling-Methoden verhält sich das auch so. Wendet man sie richtig in z.B. Präsentationen an, kann man seine Zuhörer richtig begeistern und für eine Idee gewinnen. Ich habe aber auch schon einmal erlebt, dass eine Führungskraft sozusagen dabei erwischt wurde Storytelling anzuwenden. Weil die Mitarbeiter keine gute Erinnerung an die letzte Präsentation dieser Art hatten, haben die gleich abgeschaltet.

Für mich als Designer eine spannende Erkenntnis: Gutes Design ist nur dann gut, wenn es auch unter der Oberfläche stimmt.

Absolut. Und mir als Berater kann es auch so gehen. Selbst wenn ich als Berater mit viel Empathie an die Sache herangehe, kann ich chancenlos sein, wenn z.B. der Berater vor mir verbrannte Erde hinterlassen hat. Sowohl ein neues Design als auch meine Werkzeuge müssen von den Führungskräften gelebt werden, sonst bleibt es schlicht Kosmetik. Wenn sich aber ein Mitarbeiter dazu entscheidet dem Unternehmen und mir zu vertrauen, glaubt er auch eher dem Design, das daraus entspringt. Dann wird das neue Design lebendig und kann nach einem Change-Prozess stolz vor sich hergetragen werden.

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