Welcher Typ sind Sie?

von Volker Rau | Dec. 2018

Selbstführung Führung Mitarbeiterbindung Persönlichkeitstypen Riemann Thomann Modell

Kennen Sie das? In (fast) jeder Firma sind verschiedene Mitarbeiter-Typen vertreten und zu führen. Dabei fließen die persönlichen Eigenschaften des Mitarbeiters auch in sein berufliches Verhalten ein. Würde man diese nach Charakteren klassifizieren, hätte man eine lange Liste an Vertretern wie: der Harmoniebedürftige, der Eisblock, der Spießer, der Sprunghafte, der Workaholic, der Unsichtbare und, und, und. Die Zusammenarbeit fällt mit einigen leicht. Beispiel: Hilfsbereitschaft, angenehmer Gesprächspartner, freundschaftliche Vertrauensbasis, klare Orientierung, Kreativität. Manch einer macht es jedoch den Kollegen schwer. Beispiel: Konkurrenzdenken, Aufdringlichkeit, Selbstoptimierung, Bedenkenträger, Oberflächlichkeit … Puh! Dennoch hat jeder Mitarbeiter Softskills, die für die Arbeit im Team sinnvoll sind.

Die Kölner meinen: “Jeder Jeck is anders!“ Das ist besonders gut zu wissen, wenn man ein Team führt und gemeinsame Ziele verfolgt. Worauf ist zu achten, bei den verschiedenen Mitarbeitern und ihren Eigenheiten? Wenn alle im Team entspannt sind, ist das jedem klar. Nur unter Stress vergessen wir das gerne und denken: „Der ist anders, der ist falsch! Und würden doch alle so ticken wie ich, dann würde auch alles funktionieren.” Dann erzählen wir es dem anderen hundertmal oder lauter, damit der „Idiot“ das doch endlich kapiert. In der Eskalation bis hin zu: „Mit dem kann man nicht arbeiten, der versteht das nicht – wahrscheinlich müsste ich den sogar rauswerfen!“

„Jede Kommunikationssituation ist geprägt durch die Persönlichkeiten der beteiligten Menschen“, erklärte der Psychoanalytiker Fritz Riemann. Er hatte 1961 hierzu ein Modell entworfen, dass der Psychologe Christoph Thomann aufnahm, weiterentwickelte und dann Grundlage für viele später aufkommende Persönlichkeits-Typologien sein sollte. Der Begriff „Modell“ weist dabei schon darauf hin, dass es sich hierbei um ein vereinfachtes Abbild der komplexen Wirklichkeit handelt. Es soll Grundzusammenhänge erklären, hat dabei aber nicht den Anspruch, endgültige Erklärungen zu liefern und Menschen damit in „Schubladen“ zu verstauen.

Das Riemann-Thomann-Modell unterscheidet zwischen vier Grundstrebungen, die in jedem Menschen mehr oder weniger ausgeprägt vertreten sind. Diese vier Grundstrebungen sind das Bedürfnis nach Nähe, der Wunsch nach Autonomie und Distanz, die Sehnsucht nach Dauer und das Streben nach Wechsel und Veränderung. Jeder trägt diese vier Tendenzen in unterschiedlichen Ausprägungen in sich. Diese Ausprägungen können sich während des Lebens auch verschieben. 

Was bedeutet das für einen Chef? Die Mitarbeiter interagieren mit dem Chef also unterschiedlich (Gestik, Mimik, Körpersprache, Inhalte auf der „Tonspur“, Emotionen). All das muss in der Zusammenarbeit berücksichtigt werden, um die Mitarbeiter verstehen zu können. Umgekehrt natürlich auch: „Was erwartet der Chef von mir?“ Wie verhält man sich als Mitarbeiter, um den Sinn erkennen und dann im Team oder alleine die Aufgaben bearbeiten zu können? Auch gut zu wissen: Jeder Persönlichkeits-Typ trägt Konflikte in unterschiedlicher Weise aus. Auseinandersetzungen meiden und ungern im Streit auseinandergehen – das kann ein großes Thema des Nähe-Bedürftigen sein. Der distanzierte Mitarbeiter hat womöglich keine Scheu davor mit harten Bandagen zu kämpfen. Der ordnend-bewahrende Mitarbeiter versucht tendenziell auch im Streit die Kontrolle zu bewahren und der schwungvolle Kollege neigt dazu, Kritik oder die Verantwortung für Fehler auf andere abzuwälzen. 

Hier ein paar Tipps zum Umgang mit den einzelnen Persönlichkeitstypen im Berufsalltag:
NÄHE-TYPEN

Wer mit Nähe-Typen zusammenarbeitet, sollte …

  • ihnen klar definierte Verantwortungsbereiche übertragen,
  • sie bevorzugt im Team arbeiten lassen,
  • die erbrachten Leistungen wahrnehmen und anerkennen,
  • aus Fehlern kein Drama machen, Zugewandte haben ohne-hin leicht Schuldgefühle und überschätzen die Auswirkungen ihrer Fehler,
  • die Friedfertigkeit nicht missverstehen. Zugewandte neigen dazu, viel zu lange zu warten, bis sie sagen, was ihnen nicht passt und
  • zarte Versuche, „Nein“ zu sagen oder sich zu wehren, nicht durch gutes Zureden zunichtemachen.

Der Umgang mit zugewandten Persönlichkeitsanteilen in Konfliktsituationen: 

Zugewandte Menschen machen einen sehr friedfertigen Eindruck. Sie wehren sich nicht, weil sie sich bei einer Ablehnung vor dem möglichen Liebesverlust fürchten. Doch die Tendenz, sich nicht zu wehren lässt einen Berg von Unmut anwachsen, den das bekannte Streichholz zum Einsturz bringen kann. Wenn das Fass übergelaufen ist und der Betroffene explodiert, empfiehlt es sich, die Ruhe zu bewahren und sich von den angedrohten Konsequenzen nicht erschüttern zu lassen. Die Umsetzung der Konsequenzen unterbleibt mit Sicherheit, denn zugewandte Menschen sind nach der Explosion meist zerknirscht und voller Schuldgefühle. Hier gilt es eher das Schuldbewusstsein auf die richtige Größe zu stutzen.

DISTANZ-TYPEN

Wer mit Distanz-Typen zusammenarbeitet, sollte …

  • sie mit Führungsaufgaben betrauen,
  • sie dort einsetzen, wo Einzelleistungen erwartet werden,
  • zurückhaltend bei Dingen sein, die ins Persönliche gehen,
  • sparsam loben und kritisieren, 
  • sachlich, nicht emotional argumentieren,
  • in Gefühlsdingen nicht zu viel Verständnis erwarten.

Der Umgang mit distanzierten Persönlichkeitsanteilen in Konfliktsituationen: 

Was nichts bringt sind Tränen, emotionale Zeichen der Verletztheit, eigene Aggressionen. Distanzierte Persönlichkeiten verabscheuen emotionale Ausbrüche und geraten in Panik, wenn man ihnen zu nahe rückt. Das provoziert weitere Aggressionen. Für einen Machtkampf hält ein distanzierter Mensch gut geschärfte Waffen bereit. Erfolgversprechender wird es sein, sich erst einmal aus der kritischen Situation zu entfernen. Bei einem späteren Zusammentreffen sollte eine klare und sachliche Auseinandersetzung zum strittigen Thema erfolgen – im ruhigen, sachlichen Ton. Im gleichen Ton sollten Sie ihrem Gesprächspartner mitteilen, dass Sie nicht noch einmal so aggressiv behandelt werden wollen. Häufig wird Ihr Gegenüber dann verdutzt sagen: „Was? Ich war aggressiv?“

DAUER-TYPEN

Wer mit Dauer-Typen zusammenarbeitet, sollte …

  • sie dort einsetzen, wo Genauigkeit, Gründlichkeit, Ausdauer und Geduld gefragt sind,
  • sie in Arbeitsbereichen einsetzen, in denen sie allein arbeiten, da es ihnen schwer fällt, Kollegen als gleichberechtigt anzuerkennen,
  • sie bei Entscheidungsfindungen unterstützen,
  • hellhörig auf aggressive Untertöne (z. B. Nörgeln) achten und sie zur offenen Kritik ermutigen,
  • bedenken, dass ordnend-bewahrende Menschen über lange Zeit als perfekt erlebt werden und
  • sie nicht enttäuscht fallen lassen, wenn sie sich als ganz durchschnittliche Menschen entpuppen.

Der Umgang mit ordnend-bewahrenden Persönlichkeitsanteilen in Konfliktsituationen: 

Offen geäußerte Aggressionen haben hier eine ziemliche Wucht, weil sie so lange unter Kontrolle gehalten wurden. Aggressionen zeigen sich aber auch im Nörgeln, Besserwisserei, dem Beharren auf der Einhaltung von Regeln, Unterdrückung, Umständlichkeit und ähnlichen Verhalten.In den Augen der ordnend-bewahrenden Persönlichkeit wird man selbst an Autorität und Achtung gewinnen, wenn man konfliktfähig d. h. sachlich und gelassen reagieren kann. Eine Zwei-Gewinner-Situation werden Sie gestalten können, wenn Sie in der Lage sind, ehrlich empfundene Gefühle der Anerkennung und Sympathie zu äußern. So werden Sie nach und nach einen Menschen für sich gewinnen, der unverbrüchlich zu Ihnen steht, wenn er einmal Vertrauen gefasst hat.

WECHSEL-TYPEN

Wer mit Wechsel-Typen zusammenarbeitet, sollte …

  • ihre mitreißende Art zur Motivation anderer Menschen nutzen,
  • sie ein Team anleiten lassen, das ihre kreativen Ideen in die Tat umsetzt,
  • sie ermutigen, die Talente durch Üben/Können zu untermauern,
  • ihnen dort, wo es notwendig ist, Grenzen setzen,
  • traumtänzerischen Ideen Realität entgegensetzen und
  • Hilfestellung bei klarer Planung geben.

Der Umgang mit schwungvollen Persönlichkeitsanteilen in Konfliktsituationen: 

Schwungvolle Menschen neigen dazu, die Verantwortung für eigene Fehler auf die Umstände oder andere Menschen abzuschieben. Werden sie kritisiert, drehen sie gern den Spieß um und greifen das Gegenüber an. Dazu gehört auch die Tendenz, Szenen zu machen, wenn den Schwungvollen etwas nicht passt. Lassen Sie sich nicht überrumpeln, vermeiden Sie sich zu rechtfertigen und setzen Sie in aller Ruhe deutliche Grenzen. Geben Sie klar und unmissverständlich zu erkennen, was Sie mitzumachen bereit sind und was nicht. Menschen mit ausgeprägt schwungvollen Anteilen sind häufig ganz erleichtert, wenn ihnen eine klare Orientierung gegeben wird und sie nicht ausprobieren müssen, wie weit sie gehen können.

Fazit: Es ist gut zu wissen, mit wem man es beruflich zu tun hat. So kann man gewisse Unwägbarkeiten im Verhalten des anderen – egal ob als Mitarbeiter oder als Chef – lokalisieren und abspeichern. Ihr großer Vorteil in Stress- oder Konflikt-Situationen ist: Die Dinge rechtzeitig, konsequent und für jeden Mitarbeiter individuell verpackt anzusprechen. Der Kollege kann besser mit Kritik umgehen, wenn sie persönlich auf ihn zugeschnitten und in passende Worte verpackt wird. Ihr Nutzen ist ein besser funktionierendes Team. Auch wenn es aus einer Reihe sehr unterschiedlicher Charaktere besteht.

In diesem Sinne: Wenn etwas für Sie dabei war, dann wünschen wir Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung, viel Erfolg im entscheidenden Moment.

________________________________________

► Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema? Wie hat Ihnen der Artikel gefallen? Schreiben Sie uns in den Kommentaren!

► Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, freuen wir uns auf Ihren “👍” und Ihren Kommentar. Teilen Sie den Artikel gerne auch mit Ihren Kollegen, Freunden oder Verwandten!

► Schauen Sie auf unserer Internet-Startseite vorbei, wo Sie unsere Leistungen und aktuellen Termine finden und unsere Blog-Beiträge abonnieren können!

► Folgen Sie KEYPLAY auf Youtube, Facebook, Twitter, Instagram oder Volker Rau auf LinkedIn oder XING!

(Bildquelle: 123rf.com/Kurhan/36853947)*

Bearbeiten