Selbstkontrolle versus Lustprinzip - wer gewinnt?

von Volker Rau | Mar. 2019

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Kennen Sie das? Das Gefühl, das manchmal tief in uns drin brodelt. Der überwältigende Drang laut zu rufen: „Ich habe keine Lust dazu, ich will das nicht machen!“ So schiebt man Tag für Tag die Steuererklärung vor sich her. Das kann auch die Excel-Tabelle sein, das Meeting oder der Statusbericht für das laufende Projekt. Lang, lang ist es her, dass wir als Kinder unseren Bedürfnissen freien Lauf lassen konnten. Anders als Kinder lassen wir uns nicht gehen. Wir sagen dem Chef nicht, dass er sich den Bericht sonst wo hin… Nein, das tun wir nicht. Und das ist Teil unserer Selbstkontrolle!

Die Selbstkontrolle betrifft alle Bereiche unseres Lebens. Sie kommt zum Einsatz, wenn wir beispielsweise unsere guten Vorsätze am Anfang des Jahres in die Tat umsetzen wollen. Mehr Sport! Aufhören mit dem Rauchen! Seminar zum “Führen” machen. Die Selbststeuerung wird dann aktiviert, wenn wir unseren inneren Schweinehund überwinden müssen. Gemeint sind damit Momente, in denen uns die Erfüllung einer Pflicht oder eine Selbstverpflichtung, besonders schwerfällt. Wer in dem Moment nicht vom Chef oder einem anderen kontrolliert wird, muss sich selbst kontrollieren. Wir sind nicht immer Herr oder Frau der Lage. Denn die Selbstkontrolle ist das Gegenteil vom Lustprinzip. In der Freizeit können wir (oftmals) tun, wozu wir Lust haben. Daher geht uns manchmal die Motivation regelrecht flöten, wenn wir uns etwas auferlegen, von dem wir meinen, dass es uns guttun würde.

Nehmen wir ein Beispiel: „Mit dem Rauchen aufhören!“ Viele haben einen Freund oder Kollegen (oder sich selbst) im Kampf gegen das Rauchen beobachtet. Das Problem: Motivation alleine reicht nicht. Nicht nur die Absicht zählt, es geht um das tatsächliche Verhalten des Menschen. Zwischen Absicht und Verhalten kann es Abweichungen geben. Wie schnell kommt der Fast-Nichtraucher in die Situation, dass ihm jemand eine Zigarette anbietet. Aus reiner Gewohnheit. Und wie schwer ist es, immer „Nein!“ zu sagen. Die Momente der Schwäche sind es, in der die Absicht nicht mehr zu rauchen vom eigenen Verhalten überrollt wird. Die innere Stimmt sagt: „Nur diese eine!“ Und schon ist man mitten drin in einem inneren Kampf, bei dem Gut gegen Böse kämpft, die Lust (auf die Zigarette) und die Selbstkontrolle miteinander ringen. Wer wird gewinnen?

Es gibt jedoch Hoffnung! „Wir können Strategien der Selbstkontrolle tatsächlich lernen“, so erklärt es der Psychologie-Professor Walter Mischel. Eine Möglichkeit, um Selbstkontrolle üben zu können, sind Wenn-Dann-Sätze. Sie sind Teil der WOOP-Methode, die Prof. Dr. Gabriele Oettingen entwickelt hat.

WOOP ist ein Akronym und steht für:

Wish (Wunsch), Outcome (Ergebnis), Obstacle (Hindernis), Plan (Plan).

  • Wish: In einem ruhigen Umfeld formulieren Sie Ihr Ziel. Wichtig ist dabei die realistische Einschätzung des Ziels – sowohl vom Umfang als auch von der Zeitplanung her. Das Ziel sollte Ihnen wichtig sein. Führen Sie sich das Ziel/den Wunsch vor Augen.
  • Outcome: Stellen Sie sich das bestmögliche Ergebnis des Ziels vor. Vor Ihrem inneren Auge malen Sie sich das erreichte Ziel detailliert aus. Versuchen Sie sich das Gefühl der Befriedigung vorzustellen.
  • Obstacle: Was könnte diesem Ziel im Weg stehen? Welches Hindernis könnte es geben? Führen Sie sich das genauso detailliert vor Augen, wie zuvor das eigentliche Ziel. Tun Sie das Hindernis nicht als Kleinigkeit ab. Versuchen Sie, es ernst zu nehmen. So kommen Sie Ihren Verhaltensmustern auf die Spur.
  • Plan: Stellen Sie sich vor, was Sie tun könnten, wenn das Hindernis den Weg zum Ziel versperrt. Welche Lösung gibt es, das Hindernis zu beseitigen. Wann und wo könnte das Hindernis auftauchen? Was wäre die effektivste Lösung? Wenn das klar ist, dann formulieren Sie daraus einen Wenn-Dann-Satz. Wiederholen Sie diesen Satz für sich.

Wenn Sie wollen, machen Sie sich kurz dazu Notizen, halten Sie die wichtigsten Punkte fest. So machen Sie mit sich selbst einen Vertrag.

In der Praxis sähe das so aus: Für viele ist die Ablenkung während der Arbeitszeit ein Problem. Die eigentliche Arbeit bleibt teilweise auf der Strecke, wenn E-Mails checken, unwichtige Telefonate und das Quatschen mit den Kollegen zu viel Zeit in Anspruch nimmt. Man möchte sich eigentlich nur einen Kaffee in der Küche holen. Weil man einen Kollegen getroffen hat und auf einen Schnack stehen bleibt, drängt die liegengebliebene Arbeit anschließend um so mehr. Der Vorsatz in einem Wenn-Dann-Satz könnte lauten: „Wenn ich in der Küche einen Kollegen treffe, dann verabrede ich mich für einen Plausch in der Mittagspause, verabschiede mich und kehre sofort in mein Büro zurück.“ Vielleicht merkt man nach einer Woche, dass man die Arbeit wieder gut im Griff hat, so kann eine kleine Änderung vorgenommen werden. „Wenn bei mir nicht zu viel Arbeit auf dem Tisch liegt, dann gönne ich mir einmal am Tag einen Plausch, stelle mir dabei den Handywecker auf die Dauer von 5 Minuten und gehe beim Ertönen des Signals sofort in mein Büro zurück.“

Wenn-Dann-Sätze funktionieren, weil wir vorher üben, wie wir uns in bestimmten Situationen verhalten sollen. Noch bevor diese Situation überhaupt eintritt. Wenn wir vorab trainieren, müssen wir uns im entscheidenden Moment nicht mehr festlegen, denn wir haben bereits vorab entschieden. Vorteil dieser Übung: Die Pläne können noch an die Situation angepasst werden, wenn es zu Änderungen kommt, so können persönliche neue Erkenntnisse eingebaut werden.

In diesem Sinne: Wenn etwas für Sie dabei war, dann wünschen wir Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung, viel Erfolg im entscheidenden Moment.

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(Bildquelle: 123rf.com/OlivierLeMoal/29684590)*

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